Die Seminette


PoP – die Semenette!

Samen wird meist als männlich definiert und mit Spermium verwechselt. Das ist durchaus beabsichtigt. Samen beziehen sich aber auf Pflanzen und bezeichnen die Miniaturpflanzen (Embryos) der nächsten Generation, die von einer Schutzhülle und dem Nährgewebe umgeben sind und so alles beinhalten, was die kleine Pflanze zum Heranwachsen braucht. Der Begriff Samen wurde schon in der Bibel für alle Lebewesen, also auch für Menschen und Tiere benutzt und „Same“ bedeutete seine Nachkommenschaft. Es existierte die Vorstellung, der männliche Same sei bereits der kleine fertige Mensch, der im Mutterleib als Gefäß nur noch heranzureifen braucht. Das spiegelt sehr schön das Geschlechterbild und die Machtstrukturen der Zeit. Während in frühen historischen Quellen aber durchaus noch von weiblichen und männlichen Samen gesprochen wurde, die zusammenfliessen sollten, setzt sich mit dem richtigen Wissen um die Befruchtungsvorgänge im 19. Jahrhundert der männliche Samen vollständig durch. Ab diesem Zeitpunkt der „Aufklärung“ (ein Spermium = männliche Keimzelle in einer Eizelle) verschwindet nicht nur der weibliche Samen, sondern auch die weibliche Ejakulation und alles, was an Lust und Sexualität der Frau jenseits des Fortpflanzungsaktes existiert. Sexualität wird auf Reproduktion reduziert und die Zeugungsfähigkeit einseitig dem Mann zugeschrieben.

Definitionen lassen sich ändern und das ist ein grosser Erfolg der sex-positiven Frauenbewegung, die unermüdlich Wissen verbreitet. So sickert die „weibliche“ Ejakulation und Prostata zunehmend ins Allgemeinwissen und Frauen* und Trans* formulieren selbstbewusst und lustvoll plakativ: „Wir spritzen zurück!“ Jetzt hat die Bostonerin Stephanie Berman den ersten spritzenden Silikondildo „Pop - The Seminette“ herausgebracht, der 2013 in USA als Pärchen -Sextoy des Jahres ausgezeichnet wurde. Und da unsere amerikanischen Schwestern wenig Berührungsängste mit Kommerz und Correctness haben, ist die Bezeichnung auch entsprechend direkt und explizit gewählt: to pop, engl. knallen, im deutschen ficken bzw. poppen. Semenette ist eine Wortschöpfung, die an Seminette angelehnt ist und Samen, engl. Semen, assoziiert. Mit der französischen Diminutivendung -ette, die meist Frauen anhängt, kommt das mit Augen versehene Würmchen auf der Packung ganz niedlich daher. Und so heisst auch ein in den 50ern gegründeter Club für evangelisch lutheranische Frauen zur Vorbereitung auf die Ehe „Seminette-Club“. Heute klingt es eher nach einer Frauenselbsthilfegruppe fürs Babymachen. Mit einem I dient die Seminette bei Haus- und Nutztieren zur Deponierung des Spermiums im Gebärmutterkörper und wenn möglich noch tiefer und damit sicherer in der Gebärmutter. Ob mit i oder e, ist das Wort Semenette ideologisch aufgeladen und reproduziert stark das alte Penis-Vagina-Modell, das in der queeren Community zugunsten der Diversity aufgegeben wurde. Das Toy würde zudem genauer „Sperminette“ heissen, auch um aus der aktiv-passiv-Nummer herauszukommen. Die Nachahmung traditionellen Geschlechtsverkehrs als „Even Better Than The Real Thing!“ ist aber genau das, was POPpen bewirken soll. Erklärtes Ziel des LGBTQ-freundlichen Frauen-Unternehmens ist es, Toys für Frauen zu produzieren und speziell mit der Semenette zu helfen, alternative Familien in lustvoller und bezahlbarer Weise zu gründen. Wenn also schon Parthenogenese gar keine Option mehr ist, wie sieht der Schwanz dann aus?

Er ist 18cm lang inklusive eines 1,5cm hohen dreirundigen Sockels, der Durchmesser beträgt 4cm. Er hat eine angenehme Festigkeit und eine matte Oberfläche und trotz abgesetzter Eichel und angedeuteter Adern besonders im unteren Schaft kommt er recht stylish geschwungen daher. Der in 3 Braunfarben existierende Dildo kommt aus Deutschland, gewährt also gute deutsche Qualität direkt aus Bremen. Hier wird er von Fun Factory hergestellt und heisst Boss, bevor er nach USA auswandert, hier mit Schlauch und Pumpe versehen wird und dann wieder importiert wird. Als Pop-Modell hat er einen inneren Kanal, der im Sockel wie in der Eichel in einer kleinen Öffnung mündet und in die ein blauer Schlauch eingeführt wird. Auf die eine Seite des Schlauches wird eine kleine Pumpe aufgesetzt, mittels der dann eine gewünschte Flüssigkeit aufgesaugt wird, indem die andere Seite des Schlauches in diese Flüssigkeit getaucht wird. Mit einem besonderen Stöpsel wird dann die Öffnung in der Eichel dicht gemacht und die andere Seite durch eine Ritze des Sockels zur Seite gezogen, so dass der Sockel glatt auf dem Dildo tragenden Körper aufliegt und die Pumpe bequem in der Hand oder im Harness gehalten werden kann. Das funktioniert mit entsprechender Vorbereitung ganz gut und ist allemal mit Spass an der Freude gut praktizierbar.

Nass spielen lässt sich auch anders. In wellenförmige Glasdildos können Flüssigkeiten eingefüllt werden und mit Temperatur experimentiert werden. Warm wirkt wie eine Bettflasche von innen, Kaltes erfrischend und belebend. Farbtherapien sind vorstellbar, in rot die Menstruation begrüßend, in gelb Natursekt, in weiss die „weibliche“ Ejakulation unterstützend. Ein guter Tropfen Wein lässt sich so möseal oder auch anal bestens temperieren, Champagner kann man spritzen lassen und in Cock- oder Clittails auch Sperma bestens untergemixt werden. Lasst Freude fliessen und mehret euch!

Laura Meritt

Medienrummel


Sexclusivitäten und Laura Méritt in den Medien